Glaubt man den Internetsuchmaschinen, dann ist Hotelbewertung gleich HolidayCheck. Nach kurzem Gastspiel an der Börse übernimmt die Gründerin von HolidayCheck, der Hubert Burda Media-Konzern, wieder die Kontrolle.
Wer in Deutschland, Österreich oder der Schweiz (DACH-Region) an Hotelbewertung denkt, denkt an HolidayCheck! Und wer nicht an HolidayCheck denkt, wird spätestens bei entsprechender Eingabe des Suchbefehls „Hotelbewertung“ im Internet auf die Homepage von HolidayCheck geführt.
Vom Hubert Burda Media-Konzern gegründet, ging HolidayCheck, damals noch firmierend unter FOCUS Digital, am 13. Juli 2000 zu einem Ausgabepreis von 14,50 Euro je Aktie an die Börse. Damals schon als zu teuer beurteilt, wurde die Aktie gegen ein Angebot in Höhe von 2,70 Euro je Aktie 2021 wieder delisted.
Der Geschäftsgegenstand des Unternehmens hatte sich in der Zwischenzeit stark gewandelt. Alle Nicht-Reise-Aktivitäten wurden verkauft. Die Gesellschaft mutierte zum reinen Internet-Reisebewerter und -Reiseportal. Nach check24, TUI, booking.com und Expedia belegt die Gesellschaft laut statistischem Bundesamt Platz 5 der wichtigsten und bekanntesten Reiseportale in Deutschland.
HolidayCheck erzielt Umsatzerlöse aus
- Vermittlungsprovisionen – Vermittlung von Pauschalreisen, Hotels und Mietwagen,
- Werbeeinnahmen – Vermarktung ihrer Webseiten und Weiterleitung von Internetnutzern an andere Buchungsportale,
- Reiseveranstalterleistungen – Organisation von Hotel- und Pauschalreise-angeboten, sowie
- (Premium-)Clubmitgliedschaftsbeiträgen.
Am 25./26. Mai 2023 schlossen die HolidayCheck Group AG als beherrschtes Unternehmen und die Burda Digital SE als herrschendes Unternehmen einen Beherrschungsvertrag, dem die ordentliche Hauptversammlung von HolidayCheck am 24. Mai 2023 in seiner Entwurfsfassung zugestimmt hat.
Der Vertrag sieht einen jährlichen Ausgleich in Höhe von 0,22 Euro (brutto wie netto) je auf den Inhaber lautende Stückaktie bzw. eine Abfindung in Höhe von 3,21 Euro je Aktie vor.
Der Vertrag wurde mit Eintragung im Handelsregister am 29.Juni 2023 wirksam.
Die Bewertung
Die Wertverhältnisse stellen sich laut Berichtslage und Stichtagserklärungen wie folgt dar:
Ertragswert
- laut Bewertungsgutachten: 279.128 TEUR (gesamt), 3,21 EUR (je Aktie)
- laut Stichtagserklärung: 275.312 TEUR (gesamt), 3,16 EUR (je Aktie)
- Börsenwert: 249.360 TEUR (gesamt), 2,86 EUR (je Aktie)
Dem Ertragswert in Höhe von 192,8 Mio. Euro hat die Antragsgegnerin noch Sonderwerte – insbesondere in Form von excess cash – in Höhe von 82,5 Mio. Euro hinzugerechnet.
Aus dem so ermittelten Unternehmenswert wurde dann die jährliche Garantiedividende / der Ausgleich unter Zugrundelegung eines Verrentungszinssatzes in Höhe von 4,87 Prozent mit 0,21 Euro je Aktie errechnet.
Dem noch von Corona und dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verfälschten Börsenkurs hat die Antragsgegnerin selbst aufgrund des vorangegangenen Delisting die Bedeutung abgesprochen.
Das Spruchverfahren
Die ordentliche Hauptversammlung der Gesellschaft vom 24. Mai 2023 hat dem finalen Entwurf des Beherrschungsvertrages zugestimmt. Der Vertrag wurde sodann am 25./26. Mai 2023 unterzeichnet.
Mit Eintragung im Handelsregister am 29. Juni 2023 wurde der Vertrag wirksam.
Von der Strukturmaßnahme sind 10.481.556 auf den Inhaber lautende Stückaktien außenstehender Aktionäre betroffen.
Kritikpunkte der Antragsteller
Dem Börsenkurs kommt aufgrund des vorangegangenen Delisting und nachfolgendem Handel ausschließlich noch im Freiverkehr der Börse Hamburg auch nach Ansicht der Antragsgegnerin Bedeutung nur als Wertuntergrenze zu.
Weil der von der Antragsgegnerin behauptete anteilige Ertragswert über dem Börsenkurs liegt, kommt dem Börsenkurs letztlich keine Bedeutung zu.
Dem üblicherweise in Spruchverfahren beobachtbaren sakrosankten Umgang der Rechtsprechnung mit vorgelegten Planungsrechnungen halten die Antragsteller entgegen, dass die Gesellschaft schon seit vielen Jahren von der Antragsgegnerin faktisch beherrscht wird, welche auch in Personalunion Vorstand der Gesellschaft ist. Von einer unabhängigen Planungsrechnung kann daher keine Rede sein.
Die Planungsrechnung wurde zum Bewertungsstichtag angepasst, die Umsatzerlöse, die tatsächlich bis dahin über Plan lagen, sollen danach unter Plan fallen. Das noch vor Corona erzielte Umsatzniveau aus Vertriebsleistungen soll die Gesellschaft nie wieder erreichen. Das begründet die Antragsgegnerin mit Nachwirkungen der Corona-Krise, dem Vertrauensverlust der Kunden aufgrund der Thomas Cook-Insolvenz und einem angeblich gesättigtem Markt im Pauschalreisesegment.
Dem halten die Antragsteller entgegen, dass sich die Corona-Krise schon zu Beginn der Planungsphase (erst recht nicht an deren Ende) nicht mehr auswirkt, weil die Buchungszahlen das Vor-Krisen-Niveau bereits wieder erreicht haben. Die Pleite der Thomas Cook-Gruppe resultiert bereits aus 2019; und die Pauschalreise ist – nicht zuletzt wegen Corona – laut Reiseverband mittlerweile die am häufigsten gewählte Reiseart.
Die von der Antragsgegnerin geplanten Zuwächse im Eigenvertrieb von Reiseleistungen halten die Antragsteller gerade mit Blick auf die überproportional steigenden Kosten der einzukaufenden Reiseleistungen für zu gering. Dem folgend wenden sich die Antragsteller gegen die von der Antragsgegnerin geplanten EBIT-Margen, welche weit hinter denen der Peer Group-Unternehmen zurückbleiben; entweder müsse eine Angleichung der Margen erfolgen oder die Peer Group-Unternehmen seien nicht vergleichbar, so dass auch deren Risikostruktur nicht dem Kapitalisierungszinssatz zugrunde gelegt werden dürfe, so die Antragsteller.
Die von der Antragsgegnerin geplante Wachstumszielgröße von 1,5 Prozent beurteilen die Antragsteller vor dem Hintergrund des Wandels der Reisebranche – weg von klassischen Reisebüros hin zu Online-Buchungen, wie von der Gesellschaft angeboten – als zu gering.
Als kleines Schmankerl hat der von der Antragsgegnerin beauftragte Bewertungsgutachter den für die Gesellschaft aufgrund Verwaltungssitz in der Schweiz maßgeblichen Körperschaftsteuersatz falsch (zu hoch) angenommen.
Wie in fast allen Spruchverfahren üblich werden die Parameter des Kapitalisierungszinssatzes angegriffen. Der von der Antragsgegnerin mit 2,5 Prozent angenommene Basiszinssatz betrug ungerundet 2,37 Prozent. Ebenso werden die Parameter des Risikozuschlags – Marktrisikoprämie laut Antragsgegnerin 5,5 Prozent nach persönlichen Steuern, Beta-Faktor unverschuldet 1,3 – als zu hoch beurteilt.
Der Sonderwert excess cash müsse aufgrund der tatsächlich vorhandenen liquiden Mittel um mindestens 2,5 Mio. Euro bis 7,5 Mio. Euro erhöht werden.
Der so zu erhöhende Unternehmenswert schlage dann auch auf die Garantiedividende durch.
Die Parteien
Zuständiges Gericht: Landgericht München I
Vorsitzender Richter: Dr. Helmut Krenek
Aktenzeichen: 5 HK O 8475/23
Antragsgegner: Burda Digital SE
Antragsgegnervertreter: Rechtsanwälte Gibson, Dunn & Crutcher LLP
Gemeinsamer Vertreter: Rechtsanwalt Dr. Martin Weimann
Sachverständiger:
Gesellschaft: HolidayCheck Group AG (WKN: 549532, ISIN: DE0005495329)
Der aktuelle Verfahrensstand
Die ordentliche Hauptversammlung der Gesellschaft vom 24. Mai 2023 hat dem finalen Entwurf des Beherrschungsvertrages zugestimmt.
Der Vertrag wurde sodann am 25./26. Mai 2023 abgeschlossen.
Von der Maßnahme sind 10.481.556 auf den Inhaber lautende Stückaktien der HolidayCheck Group AG betroffen; 281.481 Stück eigene Aktien der Gesellschaft bleiben laut Rechtsprechnung außer Betracht.
Die Frist zur Stellung eines Antrags auf gerichtliche Bestimmung einer angemessenen Garantiedividende und einer angemessenen Abfindung endete am 29. September 2023. Die Anträge wurden unter Az. 5 HK O 8475/23 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Die Antragsteller konnten bis zum 31. Juli 2024 zur Antragserwiderung der Antragsgegnerin Stellung nehmen. Am 24. Oktober 2024 fand der Termin zur mündlichen Verhandlung mit Anhörung der Vertragsprüfer statt. Die Vertragsprüfer haben am 8. November 2024 ihre ergäzende Stellungnahme bei Gericht eingereicht und zu den Fragen Stellung genommen,
- wie hoch der Abschlag im Vermittlungsgeschäft für Abreisen nach dem Bilanzstichtag war,
- wie hoch die Wachstumsrate in der Detailplanungsphase für den Hotelbereich im Veranstaltergeschäft war und
- wie hoch die Liquiditätskennziffern der Peer Group Unternehmen waren.
Der Verkündungstermin wurde auf den 28. Februar 2025 bestimmt.
Die Termine
12. April 2023 – Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung
24. Mai 2023 – Ordentliche Hauptversammlung
29. Juni 2023 – Eintragung des Beherrschungsvertrages im Handelsregister
29. September 2023 – Ende der Frist zur Einleitung eines Spruchverfahrens
31. Juli 2024 – Frist Stellungnahme zur Antragserwiderung
24. Oktober 2024 – Termin zur mündlichen Verhandlung
8. November 2024 – Frist zur Einreichung der ergänzenden Stellungnahme durch die Vertragsprüfer
Anstehende Termine:
28. Februar 2025: Entscheidungsverkündung
(Stand: 21. November 2024)
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