Der Hintergrund
E.ON und RWE einigen sich … Die Aktionäre bleiben auf der Strecke
Nur vier Jahre nach der Gründung ist das Ende von innogy besiegelt.
2016 von RWE zur Bündelung der Geschäftsbereiche Erneuerbare Energien, Netz und Infrastruktur, und Vertrieb gegründet, wechselt die Gesellschaft mit E.ON als Hauptaktionär nicht nur ihren Besitzer, sondern wird auch völlig neu aufgestellt.
Während RWE zum Stromproduzenten aus erneuerbaren Energiequellen mutiert, fokussiert sich E.ON auf dessen Vertrieb. In einer groß angelegten Tauschaktion erwarb E.ON von RWE deren mehrheitliches Aktienpaket von innogy. Jedoch behält RWE die Sektoren Erneuerbare Energien, Gasspeicher, Vertriebsgeschäft Tschechien und Österreich, welche aus der innogy SE herausgelöst werden sollen.
Zum Zwecke der erleichterten Integration werden die Minderheitsaktionäre aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Im Oktober 2016 noch als größter Börsengang nach der Telekom noch gefeiert, verschwindet die Aktie damit wieder vom Parkett. Einen bleibenden Eindruck wird sie wohl nicht hinterlassen.
Am 4. März 2020 beschloss die außerordentliche Hauptversammlung der innogy SE die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die E.ON Verwaltungs SE gegen Zahlung einer Barabfindung in Höhe von 42,82 Euro je Aktie.
Die Bewertung
Die Marktkapitalisierung der Gesellschaft beträgt rund 24 Mrd. Euro.
Die Barabfindung beruht auf dem volumengewichteten durchschnittlichen Börsenkurs im dreimonatigen Referenzzeitraum vor dem 4. September 2019. Den Fundamentalwert, ermittelt nach der Ertragswertmethode, gibt die Hauptaktionärin deutlich niedriger, mit 35,58 Euro je Aktie, an.
Ganze Geschäftsbereiche – Erneuerbare Energien, Gasspeicher, Österreich (KELAG) und Vertriebsgeschäft Tschechien – werden gesondert als zum Verkauf bestimmt ausgewiesen. Deren Anteil am Gesamtwert des Unternehmens beträgt rund 30 Prozent.
Eine einheitliche Gesamtbewertung erfolgte nicht, obwohl Kaufverträge zur Herauslösung dieser Geschäftsbereiche zum Bewertungsstichtag noch gar nicht abgeschlossen waren und ausdrücklich erst nach Ausschluss der Minderheitsaktionäre vollzogen werden sollen.
Auskünfte dazu wie auch zu zahlreichen weiteren Bewertungsfragen blieben der Vorstand der Gesellschaft auf der beschlussfassenden Hauptversammlung schuldig.
Streitpunkt dürfte auch der Börsenkurs werden; denn zum Zeitpunkt des Ausschlussverlangens, auf den für die Berechnung abgestellt wird, war E.ON noch gar nicht im Besitz der erforderlichen Aktienmehrheit. Stattdessen stand die gesamte Transaktion unter dem, zu diesem Zeitpunkt noch völlig ungewissen, Zustimmungsvorbehalt der EU Kommission.
Zahlreiche weitere Einzelposten der Bewertung werden wohl ehemalige Minderheitsaktionäre der innogy SE dazu bewegen, ein Spruchverfahren zur Überprüfung der Barabfindung einzuleiten.
Das Spruchverfahren
Die außerordentliche Hauptversammlung der innogy SE vom 4. März 2020 hat die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die E.ON Verwaltungs SE gegen Zahlung einer Barabfindung in Höhe von 42,82 Euro je Aktie beschlossen.
Die Eintragung des Beschlusses ins Handelsregister beim Amtsgericht Essen ist noch nicht vollzogen.
Zur Festlegung der Barabfindung hat der Hauptaktionär ein Bewertungsgutachten der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eingeholt. Deren wohlwollende Bewertung mit einem auf den ersten Blick hohen Puffer zwischen Börsen- und Ertragswert hat sich E.ON rund 3 Mill. Euro kosten lassen.
Von der Maßnahme sind 10 Prozent aller Aktien – 55.555.500 Stück – betroffen. Anträge auf Überprüfung der Angemessenheit der Barabfindung können nach Bekanntmachung der Eintragung der Strukturmaßnahme im Handelsregister der Gesellschaft innerhalb von drei Monaten beim Landgericht Dortmund gestellt werden.
Kritikpunkte an der Bewertung
(Hierüber werden wir ggf. nach Einleitung eines Spruchverfahrens zusammenfassend berichten)
Die Parteien
Zuständiges Gericht: Landgericht Dortmund
Vorsitzender Richter:
Aktenzeichen:
Antragsgegner: E.ON Verwaltungs S
Antragsgegnervertreter:
Gemeinsamer Vertreter:
Sachverständiger:
Gesellschaft: innogy SE (WKN A2A ADD, ISIN DE000A2AADD2)
Der Verfahrensverlauf
Die außerordentliche Hauptversammlung der Zielgesellschaft hat am 4. März 2020 die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre wie folgt beschlossen:
„Die Aktien der übrigen Aktionäre der innogy SE (Minderheitsaktionäre) werden gemäß Artikel 9 Absatz 1 lit. c) ii) der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) („SE-Verordnung“) i. V. m. § 62 Absatz 5 des Umwandlungsgesetzes und §§ 327a ff. des Aktiengesetzes gegen Gewährung einer von der E.ON Verwaltungs SE mit Sitz in Essen (Hauptaktionärin) zu zahlenden angemessenen Barabfindung in Höhe von Euro 42,82 je auf den Inhaber lautende Stückaktie der innogy SE auf die Hauptaktionärin übertragen.“
Betroffen sind insgesamt 55.555.500 Stammaktien der Zielgesellschaft, was 10 Prozent des Grundkapitals entspricht.
Die Termine
23. Januar 2020: Einladung zur außerordentlichen Hauptversammlung
4. März 2020: Außerordentliche Hauptversammlung
(Stand: 18. März 2020)
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